DIE REKONSTRUKTION DES HISTORISCHEN STADTZENTRUMS VON SZOMBATHELY

TAMÁS MEZÕS

 

 

 

SzombathelySavaria – Steinamanger gehört zu den ältesten städtischen Siedlungen Ungarns. Kaiser Claudius hat um 50 n.Chr. Savaria colonia gegründet. Da diese Siedlung an der Bernsteinstraße zwischen der Adria und dem Baltikum lag, war ihre geographische Lage für die Entwicklung recht günstig. Um das Jahr 106 herum, nach der Teilung der Provinz Pannonia , wird die colonia neben der Hauptstadt Carnuntum Zentrum des Kaiserkultes in Oberpannonien.

  

Die römische Stadtmauern und das Isis Tempelbezirk auf heutigen Strassennetz

Im Laufe der Jahrhunderte besuchten mehrere Kaiser die Siedlung und wir besitzen auch Belege für kaiserliche Bauten. In trauriger Weise zeugt von der Anwesenheit der Frühchristen in Savaria der Märtyrertod des Bischofs Quirinus in der Stadt (am 4.Juni 303). 317 oder 336 ist der spätere Bischof von Tours, der Hl. Martin bestimmt in Savaria geboren. Auf diesem Gebiet lebten nach der Römerherrschaft zunächst Longobarden, danach Awaren. Ende des 8. Jahrhunderts, während des Feldzugs von Karl dem Großen gegen die Awaren, befanden sich Truppen des späteren Kaisers im Stadtgebiet. Einer Legende nach verdankt Szombathely seinen deutschen Namen Steinamanger den bayrischen Soldaten. Anfang des 9. Jahrhunderts kam Szombathely auf Anordnung Karl des Großen unter die Oberhoheit des Bischofs von Salzburg. Nach den römischen Stadtmauern wird eine Steinfestung zwischen 828 und 860 wieder in Szombathely errichtet. Als erstes bedeutsames Ereignis nach der ungarischen Landnahme wird von König Stefan dem Hl. angeordnet die zu Ehren des Hl. Martin errichtete Kirche aus dem 9. Jh. mit Fachwerk umzubauen. Diese Kirche wird dann Ende des 11. Jahrhunderts neugebaut. Kirchenrechtlich gehörten die Stadt und ihre Umgebung Anfang des 12 Jahrhunderts unter die Oberhoheit der Stift Pannonhalma und ab Ende des 13. Jahrhunderts unter die des Bischofs von Gyõr (Raab) . Die Festung blieb in den anderthalb Jahrhunderten nach der türkischen Besetzung Ungarns von Belagerungen verschont, so konnte sie ihre Unabhängigkeit bis zuletzt bewahren.

  

Strassennet nach dem Ersten und Zweiten Weltkrieg

Das heutige Bild der Stadt wurde maßgeblich dadurch bestimmt, dass Kaiserin Maria Theresia Szombathely am 17. Februar 1777 in den Rang einer Bischofsstadt erhob. Der erste Bischof, János Szili schuf mit seinen groß angelegten Bauten die Grundlagen für die Herausbildung der heutigen Stadtstruktur. Nach Entwürfen von Melchior Hefele entstanden der Dom und der Bischofspalast. Weil sie die weitere Entwicklung behinderte, wurde Ende des 18. Jahrhunderts die Burg abgerissen. Anfang des 19. Jahrhunderts, als das Eisenbahnnetz ausgebaut wurde, nahm die Wirtschaft von Szombathely großen Aufschwung. Die meisten Bauten der Stadt stammen aus dieser Zeit, nach denen der Barockzeit. Man hat auch in der Stadtmitte neue Straßen eröffnet, indem man die frühere Grundstückstruktur veränderte, die noch durch Belange der Landwirtschaft bedingt war. Die historisch gewachsene Siedlungsstruktur wurde durch die Bautätigkeit in den 70-er und 80-er Jahren umwandelt. Die Auffassung von der Wertlosigkeit der Baudenkmäler des Historismus ließ neue, moderne Gebäude entstehen, durch die sich das Stadtbild stark verändert hat. An Stelle der höchstens 1-2-geschossigen Häuser wurden Gebäude mit 4-5, manchmal sogar mit noch mehr Stockwerken errichtet.

 

Das Isis Tempelbezirkdie Herstellung von 1963

Im Rahmen der architektonischen und stadtstrukturellen Rekonstruktion von Szombathely tauchte die Frage nach der Renovierung des Isis Tempelbezirks auf. Dieser wurde 1955 entdeckt und 1963 wiederhergestellt. Die damalige Herstellung war vom modernistischen Geist der Charta von Venedig geprägt und galt ihrer Zeit als progressive Präsentation eines Baudenkmals. Doch die Auffassung über die Rekonstruktion von Baudenkmälern hat sich im letzten Jahrzehnt grundlegend verändert und so nahmen diese Tätigkeiten eine neue Richtung.

In diesem Sinne beschloss die Stadtversammlung neue Pläne dazu in Auftrag zu geben.

 

Neue Pläne

Das vollständig rekonstruierte Isis-Sanktuarium

Durch Ausbau der heutigen Thököly-Straße wurde das Franziskanerkloster von dem Garten, der dazu gehört hatte, getrennt. Dieses Areal blieb bis heute unbebaut, es entstanden zwar viele Vorstellungen von seiner Nutzung, u.a. wollte man auf dem etwa 1 ha fassenden Gebiet eine Sporthalle, ein Theater, eventuell eine Tankstelle und Wohnbauten errichten. Die Stadtväter nahmen das in den vergangenen Jahren zunehmende Interesse für die Vergangenheit und die Traditionen wahr, sie berücksichtigten auch den Mangel an gepflegten Grünanlagen in der Stadtmitte, so regten sie an, den Franziskanergarten zum historischen Themenpark auszubauen.

 

Das Franziskanergarten

An der Südseite des überdurchschnittlich tiefen Häuserblocks zwischen Thököly- und Szilágyi Erzsébet- Straße standen Schulen, während im Norden Handel und Handwerk bezeichnend waren. Die Schulgebäude stehen schon leer, es besteht kein Bedarf sie wieder in Funktion zu setzen. Das zentral gelegene Gebiet in der Stadtmitte ist so wertvoll geworden, dass dort die bisherige Handels- und Handwerkstätigkeit nicht mehr rentabel fortgesetzt werden kann. Um die traditionelle Bebauung zu bewahren und die Verbindung zwischen den beiden historischen Blocks herzustellen wurde notwendig, dem Inneren des Blocks eine neue Funktion zu geben und dadurch das historisch wertvolle Gebiet der Innenstadt zu fördern.

 

Die historische Promenade

 

>Die neue Strasse

Bei der Neubelebung des Iseums setzte man sich die Rettung des ursprünglichen Steinmaterials zum Hauptziel. Vor bald 40 Jahren wurden die antiken Reliefs in die Eisenbetonkonstruktion eingebaut, die Einwirkungen der Witterung und der verschmutzten Luft beschädigten sie immer mehr. Auch die früheren Ausgrabungserkenntnisse wurden durch neue Erkenntnisse der Isis-Forschung und dadurch auch die prinzipielle Rekonstruktion Anfang der 60-er Jahre an mehreren Punkten in Frage gestellt. Wir wollten die Richtigkeit unserer neuen prinzipiellen Rekonstruktion vor allem mit neuen archäologischen Forschungen untermauern. Durch die 2001 begonnene Arbeit wurden unsere Vorstellungen in mehreren Hinsichten unterstützt. Vor allem das große Volumen des Gebäudes, die Anordnung der Säulenreihe der Fassade, die Anzahl der Säulen und nicht zuletzt die Form des Daches sind es, bei denen unsere Vorschläge neue Ergebnisse versprechen. Mit Rücksicht auf die kulturgeschichtliche und architektonische Bedeutung des Denkmals schlugen wir vor, bei der Revitalisierung des Ruinengartens den Tempel vollständig zu rekonstruieren. Im Inneren können wir – zum ersten Mal auf dem Gebiet des einstigen Römischen Reiches- ein authentisches Isis-Sanktuarium einrichten. Der Vorraum des Tempels könnte als Schauplatz der traditionellen Theater- und Opernvorstellungen dienen, was das Kulturangebot des Savaria-Karnevals bereichern würde.

Im Franziskanergarten fanden in den vergangenen Jahren Veranstaltungen des Karnevals, Produktionen der Traditionspfleger statt. Man errichtete aus Holz einen Teil einer römischen Festung, und baute für das Publikum eine Tribüne, um für die dreitägigen Spiele die geeignete Umgebung zu schaffen. Die auf Anregung der Stadtväter ausgearbeiteten Pläne schlagen für den Park eine Ganzjahresfunktion vor. Anstelle der einstigen Klostergartenumzäunung planen wir den Bau einer 80% verkleinerten Kopie der Stadtmauern von Savaria. Zum Nordeingang des Cardos bauen wir eine Kopie des Stadttores der Römerzeit auf. In den Rekonstruktionen der römischen Baracken auf dem Gebiet des Parks sind die gastronomischen und kulturellen Funktionen unterzubringen, die eine Ganzjahrnutzung des Gebietes ermöglichen. Im Militärquartier soll das Lager und zugleich die Präsentationsstätte der Rüstung des Vereins für Traditionspflege entstehen. In diesen Gebäuden könnte man einen Laden für museale Kopieobjekte und –vielleicht später – eine Gaststätte mit Gerichten der Römerzeit eröffnen. In Militärzelten könnten dem Publikum während des Karnevals die Umstände des Lebens in einem Militärlager vorgestellt werden. In den Zelten könnten Verkaufstände und Wurstbuden dem leiblichen Wohl dienen. Im Ostteil des Gartens ist während des Karnevals die Arena, in der die Gruppen der Traditionspfleger kämpfen und die Tribünenkonstruktion bzw. der als Tribüne dienende Hügel. An der Stelle der Tribüne kann ein Labyrinth aus Hecken als Rollschuh- und Rollbrettbahn funktionieren, auf dem Hügel können sich die Besucher bequem erholen. Schließlich soll ein Spielplatz für kleinere Kinder, wo der Krieg um Troja dargestellt werden soll, die letzte Attraktion des historischen Themenparks sein.

 

Das neue innere Hauptplatz

Die historische Promenade zwischen dem Iseum und dem Block des historischen Themenparks gestalten wir durch die Öffnung des von Thököly und Szilágyi. Erzsébet Straßen umgrenzten Blockinneren. Durch Regulierung der vernachlässigten Baugrundenden planen wir den Bau einer historischen Straße, deren Elemente durch Wiederaufbau einzelner vernichteten Baudenkmäler von Szombathely entstehen. Das ursprüngliche Barockgebäude der Brauerei in der Aréna-Straße soll umfunktioniert werden, andere Häuser der Straße werden Rekonstruktionen von Häuserfassaden sein, die wir historischen Abbildungen der Stadt entnommen haben. Hinter den Fassaden stehen dann Gebäude mit realen Funktionen. Neben kleinen Läden, Cafés, Konditoreien und Bierstuben soll z.B. hinter der Fassade des im vorigen Jahrhundert abgerissenen Rathauses eine Pension Gäste empfangen und die Ostseite der Galerie, die aus einem Barockkornspeicher entstand, wird von der Fassade eines romantischen Bürgerhauses abgeschlossen. Auf das von Rathaus und Ivkovics-Haus umschlossene Plätzchen stellten wir die Kopie eines Brunnens, der ein Wahrzeichen der Stadt war, aber nicht mehr existiert. Gegenüber dem Brunnen soll ein Holzkiosk des beliebten St. Stefan-Parks rekonstruiert sein, der nach dem 1. Weltkrieg abgebrannt war. Das Parkhaus, das ein kleineres Volumen bekommen soll als ursprünglich geplant, wollen wir ebenfalls hinter historische Fassaden verstecken. Der Nordausgang der Promenade schließt sich unmittelbar dem Block des Iseums an.

Wir planen die Rekonstruktion des Iseum mit Hilfe staatlicher Denkmalschutzmittel durchzuführen. Der Franziskanergarten kann durch EU-Fördermittel und aus eigenen Mitteln der Stadt verwirklicht werden. Den Bau der historischen Promenade sollte zum Teil ebenfalls die Stadt finanzieren, doch man denkt eher an Privatinvestitionen.

 

Tamás Mezõs

 

 

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